Journal von Hademarern für Hademarer um Hademare!

Samstag, 18. Oktober 2014

Ehrenamt mal hinterfragt

"Die emsigen Helfer im Hintergrund - Ehrenamtliche im Kulturbereich des Sauerlandparks"


   So heißt es als Überschrift in dem Bericht des Lokalkompass von Christoph Schulte, dem freundlichen Redakteur des Stadtspiegels für Hemer. Er berichtet über die "Heinzelmännchen" des Sauerlandpark.

   Mit den Worten: "Mögen Sie, lieber Leser und geneigte Leserin, Wochenendarbeit, gerne auch mal eine eingeschobene Spätschicht und das Ganze natürlich ohne jede Bezahlung ? Dann sind Sie genau der oder die Richtige für das Team der Ehrenamtlichen, ohne die auf dem ehemaligen Landesgartenschaugelände im Eventbereich nicht viel laufen würde.", leitet er seinen Bericht ein und verweist auf die vielen vorhandenen Helfer im Hintergrund, welche zu den Großveranstaltungen ihre tatkräftige Hilfe anbiedern.

   Im Persönlichen Gespräch mit den Helfern erfährt der Leser nicht nur über viel Spaß und Freude an ihrem Einsatz als Ehrenamtliche. Sondern auch von dem richtigen arbeiten und zupacken. Von fünfzehn bis zwanzig Helfern ist in dem Bericht zu lesen, welche die Veranstaltungen hintergründig stemmen. Stühle aufstellen und wieder einräumen. Brötchen schmieren. Zuarbeit für die Profis liefern. Auch erfährt man, wie diese Heinzelmännchen-Brigade in der ehemaligen Kaserne entstanden ist und das jetzt Ausschau gehalten wird, nach weiteren Helfern, welche bereit sind sich in die Riege unbezahlter Arbeitsmöglichkeit einzugliedern. 

Eigentlich ...

... ja eigentlich. Eigentlich wollte der Herold nie über den Sauerlandpark schreiben. Doch wie es so ist, kommt man über eine Stellungnahme dieser halb öffentlichen Anlage nicht vorbei. Besonders, wenn man über die Möglichkeit einer gehaltlosen Arbeit liest und dem Verständnis für Lohn nicht mehr folgen kann.

   Prinzipiell gedacht ist es voll in Ordnung: Viel Arbeit auf viele Hände verteilt. Das entlastet den Einzelnen und kann durchaus den Spaß-Faktor an der Tätigkeit steigern. Doch geht dieses Prinzip, gehaltlos zu arbeiten, auch auf? Oder fährt Hemer sozialpolitisch an die Wand? Sparen die Stadtväter nicht doch etwas zu sehr an der falschen Stelle; den Lohn, für Menschen, die darauf angewiesen sind? Gut 12 Mio. Bürger sind auf staatliche Hilfe angewiesen. Bedingt durch ein politisch herbeigeführtes Ungleichgewicht von bezahlten Arbeitsverhältnissen oberhalb der Armutsgrenze.

Wirtschaftspolitische Talfahrt unseres maroden Staats schon lange direkt vor unserer Haustür!


Wenn die wirtschaftlichen Vorstellungen der Stadtväter paradox zum bürgerlichen Denken wird

Das Kontrastprogramm der Gesellschaft folgt physikalischen Regelmäigkeiten. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Schlimm nur, das genau dieser Kontrast immer wieder von den führenden Köpfen als angenehm weiches Licht verkauft wird.

Gesucht!
   Nun. Ob sich bei dem mageren Lohn, aus gesellschaftlicher Anerkennung und sozialem Engagement, wirklich jemand finden wird, der seine Tatkraft bereitwillig einfließen lässt, bleibt offen. Der Spaß an der Sache mit sinnvoller Freizeitgestaltung zu füllen ist grundsätzlich eine feine Sache. Doch wirft die Partymeile mittlerweile einige Fragen auf.

   Denn zum einen ertönt aus dem Sauerlandpark des öfteren der Hilferuf nach fehlenden Heinzelmännchen, durch die so manche Veranstaltung erst ermöglicht wird. Schließlich wird mit dem Ruf nach Heinzelmännchen auch gleichzeitig die Beständigkeit dieser Partymeile aufgezeigt. Ohne Heinzelmännchen funktioniert das Konzept dieser halb öffentlichen Anlage nicht. Die Anlage steht und fällt, mit dem Wohlwollen der finanziellen Anspruchslosigkeit, durch die Unterstützung der Helfer.

Normalerweise ist bei solch
einer Finanzlage die Party
vorbei.
   Diese finanzielle Anspruchslosigkeit wird auch verstärkt von den Stadtvätern im Rat politisch mit größter Umsetzungskraft unterstützt. Denn die Stadtväter sind sich einig! Kostenlose Arbeit ist das Günstigste für den Sauerlandpark in Zeiten geplünderter Kassen und wachstumsblinder Nachhaltigkeit. Die Stadt Hemer lebt nun mal von der Hand in den Mund, so wie alle anderen Kommunen auch. Faktisch dürfen alle Bürger der Stadt Hemer für die Pleite zahlen.




Hefeweizen - Schmeckt auch Alkoholfrei!
   Auf der Gegenseite ist die benötigte Arbeitskraft durch potentielle Helfer, für die Durchführung von Veranstaltungen, innerhalb der Bürgerschaft zu suchen. Doch die Bürger sind größtenteils bereits in erwerbsmäßige Berufstätigkeit straff eingebunden. Welcher Bürger will schon nach einem erfüllten Arbeitstag als Heinzelmännchen seine magere Freizeit zusätzlich mit Arbeit beuteln? Lieber findet er Entspannung und Erholung als Gast. Paradoxer Weise auf jenen Veranstaltungen, denen die Helfer fehlen. Auf denen die anfallende Arbeit auf viele Hände verteilt werden sollen. Der erwerbsmäßige Bürger bleibt lieber Gast und trinkt sich bei Musik und Tanz sein obligatorisches kleines Bierchen im Garten, rein zur persönlichen Entspannung.

Sauerland(park), mein Herz schlägt für das Sauerland(park) - oder: Wo die Kuh nur frisst, und doch keine Milch gibt.


Die falsche Wahlurne!
   Wie hilflos der Stadtrat bei der Aufrechterhaltung des Sauerlandpark Außenstehenden vorkommen mag, wird jedem vielleicht klar, wenn man das Verhältnis zwischen Politiker und Bürger anhand der letzten Wahlbeteiligung anschaut. Nicht einmal 45% der Bürger haben den Gang zur Wahlurne am 25. Mai 2014 angetreten. Und von den abgegebenen Stimmen sind über 2% der Stimmen ungültig gewesen. Somit kann man abzüglich der ungültigen Stimmen davon ausgehen, das die Wahlbeteiligung an "tatsächlich gewollter Politik" lediglich 43,76% Prozent betrug. Was für ein trauriges Ergebnis! 

   Politiker sollten diese Zahlen sehr kritisch betrachten. Statt ihrer befremdlichen Meinung zu folgen, die goldene Kuh auch weiterhin konzeptlos ausbauen zu wollen. Wo die Kuh doch nur frisst und keine Milch gibt. Öffentliches Geld gehört, besonders bei der Notlage des Stadthaushaltes, in wichtige gemeinnützige Bereiche der Daseinsfürsorge; der Wasser- und medizinischen Versorgung, der Bildung, dem Straßennetz, der direkten Notlinderung von Hilfebedürftigen, der Schaffung von Arbeitsplätzen zum Erhalt der eigenen Existenz oberhalb des Minimums, etc.

   Ob die Gemeinnützigkeit jedoch mit der "Belustigung aller Bürger auf einer Partymeile" gehört, wo sich alles nur noch um die höchst verzweifelte Einnahme von Geldern für den Erhalt des Nimmersatt dreht, darf gerne angezweifelt werden. Denn der Sauerlandpark ist zum einen das Fass ohne Boden, wo auch in Zukunft keine schwarzen Zahlen zu erkennen sind und zum anderen ist der Park kein Impuls für heimische Gastronomen zur Belebung des rückläufigen Geschäftes. Im Gegenteil. Kein ortsansässiger Gastronom hält auf Dauer dem Wettbewerbsdruck stand, den der Sauerlandpark mit seinen subventionierten Großveranstaltungen auslöst. Der Park stellt die direkte monopolistische Konkurrenz zur privaten Wirtschaft her. Der einfache Consumer (neudeutsch für Verbraucher) macht sich keinen Kopf, wen er mit seinem Geld glücklich macht. Er sucht sich den größten Spaß für seinen schmalen Geldbeutel. Und jeder weiß, das man den Euro in der Tasche nur einmal ausgeben kann. Dann ist der Euro weg, ersetzt durch die Bedürfnisbefriedigung, den meisten Spaß am Geld gehabt zu haben. Den größten Spaß erhält der Konsument in der mit öffentlichen Geldern subventionierten Partymeile. Motten fliegen nun mal zum Licht. Es hilft besonders den einheimischen Gastronomen nicht, sich an den, von den Stadtväter mit nicht amtlichen arithmetischen Mitteln (selbst erstellte Umsatzstatistiken!) schön geredetem Konzept, orientieren zu wollen. Das Freizeitangebot des Sauerlandpark wird von den Gastronomen als uneinnehmbar beneidet und als direkte Konkurrenz zu ihrem eigenen Unternehmen empfunden. Die potentielle Kundschaft wird ihnen mit überproportionalem Angebot zum eigenen Unternehmen abgeworben und sie fühlen sich immer mehr an die Wand drückt.

   Bürger sollten sich jedoch selbst die Frage nach dem Damoklesschwert am dünnen Faden stellen. Wer die Wahl hat, sollte von ihr auch Gebrauch machen und nicht im Nachhinein Unzufriedenheit äußern und nachträglich alles besser wissen. Obwohl DIE MEISTEN!!! nicht einmal in der Lage waren ein simples Kreuz zu machen, für das man nicht einmal lesen und schreiben können muss. Zur Bürgerlichen Pflicht gehört, über die politische Lage in der eigenen Stadt informiert zu sein, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Es reicht nicht die Aussage, man könne nur zwischen Pest und Cholera wählen. "Aktiv sein!", muss die Devise heißen. Und dazu gehört auch die überzeugte Treue zu seiner heimischen Gastronomie, ebenso auch zum Sauerlandpark.

   Die verkorkste Situation des Sauerlandpark kann, in dieser ungleichen Konstellation von Bürgern und Politikern, nicht zufriedenstellend für die Gemeinschaft gelöst werden. Die Partymeile ist ein Fass ohne Boden, dem immer wieder jährlich verzweifelt der Rettungsschirm hinterher geworfen wird. Die Kosten hierfür trägt der Bürger selbst. Der Stadtrat wird ohne die Unterstützung der eigenen Bürgerschaft letztlich selbst unfähig, den Spagat zu schaffen, zwischen bürgernahen Beschlüssen und das Wohlergehen der heimischen Gastronomie zu stützen.

Das Lebensgefühl in Hemer, welches die Lebensqualität widerspiegelt

Sonnenuntergang in Hemer

Wie soll man über den Dingen stehen, wenn man unter ihnen leidet?

   Die Frage nach dem Motiv zur bereitwilligen Arbeit ist in der heutigen Zeit ausschließlich mit Geld zu beantworten. Denn die Verpflichtungen jedes einzelnen Bürgers, gegenüber der Gemeinschaft, wird ebenfalls mit Geldzahlungen von Kommune, Land und Bund abverlangt. Was deshalb für den Bürger zählt ist das Geld, welches unter dem Strich, nach Erfüllung seiner finanziellen Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, für ihn selbst übrig bleibt. Denn genau damit kann er sich seine eigenen Bedürfnisse erfüllen.

   Bei der rasenden Inflation der letzten Währungsunion (Euroeinführung), den ständig steigenden Steuern, Lebenshaltungs- und Energiekosten und den fehlenden Lohnangleichungen und ausbleibenden Rentenanpassungen bleibt für das vergnüglich sorglose  "Doce Vita"-Gefühl jedoch immer weniger übrig. Die Folge dieser Überbelastung des privaten Haushaltes bedeutet für die Partymeile Sauerlandpark eine schmaler werdende Ausbeute, welche nur durch ein Zuschussgeschäft aus öffentlicher Hand und dem privaten Engagement der Heinzelmännchen aufrecht erhalten werden kann.

Ein paar kritische Fragen

   Der Herold fragt sich bei dieser ganzen Ehrenamtlichkeit: Welches Motiv haben diese Leute, ihre Arbeitskraft, ohne einen Euro oder anderen Vorteil dafür zu erhalten, her zu geben? Den tatsächlich erlebten Spaß will der Herold den Akteuren nicht absprechen. Doch Fragen werfen sich auf: Sind Ehrenamtliche wirklich bessere Menschen, weil sie so bedingungslos unterversorgt handeln? Klingt es nicht versnobt, wenn Menschen ihre Arbeitskraft regelrecht anbiedern und gleichzeitig damit anderen zeigen, ihre Zeit, ohne Geld verdienen, verbringen zu können? Besonders stellt sich der Herold diese Fragen, wenn er auf der einen Seite die Glanzlichter des Parks mit der Schattenseite vergleicht. In Hemer ist der Sauerlandpark ein starker Kontrast zum Gesamtstadtbild.

   Während von den Sozialgesetzen gefordert wird, sich ein Sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu suchen, um die eigene Existenz selbständig sichern zu können. Werden auf Kommunaler Ebene, statt der dazu nötigen Arbeitsplätze, die Ehrenamtlichkeit paradoxer Weise gegenteilig gefördert. Grenzt das Kommunalwesen das Sozialgesetz dabei aus, wenn es um das Ehrenamt geht? Wie viele Harz IV-Empfänger helfen im Sauerlandpark aus?

Das Paradoxe an unserer Gesellschaft


In einem Land vor unserer heutigen Zeit

   Kennt man Deutschland aus dem zweiten Wirtschaftswunder, unter Altkanzler Helmut Kohl, weiß man, das für Arbeit auch Lohn gezahlt wurde. Das ist schon so lange her, das sich die Generation Y überhaupt nicht mehr daran erinnern wird. Denn im Vergleich zu Heute sieht die Welt umgekehrt aus. Man freut sich über die Arbeit und bringt das Geld auch noch mit. Wohl dem, der sich den Luxus Arbeit noch leisten kann!

Wie erklärt sich Armut?

   Das Arbeit zum Luxus geworden ist und Armut sich ausschließlich an dem Mangel an Arbeit zu messen ist, sieht man an der ständig wachsenden Zahl der tot gewirtschafteten Harz IV-Empfänger. Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Hilfebedürftigen.

Ausbleibende Hilfeleistung

   Doch wo ist die Hilfe für die Bedürftigen? Von Jahr zu Jahr schwindet die Hilfestellung des JobCenters. Die Gelder für Harz IV werden durch verfassungswidrige und willkürliche Behördenakte gekürzt. Die finanziellen Daumenschrauben werden durch Sanktionen immer mehr zugedreht. Einer fehlenden Hilfestellung für ein Anstellungsverhältnis mit angemessenem Lohn stehen die "Harzis" ohnmächtig gegenüber. Zu arm zum arbeiten, wenn man das Geld zur Arbeit doch noch mit bringen soll.

Was würde passieren?

   Die Frage bleibt dabei unbeantwortet im Raum: Was würde passieren, wenn ein Harz IV- Empfänger auf dem Amt (JobCenter) erklären würde, er würde aus lauter Lust und Laune, oder aus Langeweile, ohne Bezahlung im Sauerlandpark arbeiten? Nur um sein Leben sinnvoller zu gestalten. Würde er eine Kürzung oder gar Sperrung seiner Leistung entgegen sehen dürfen? Denn er hat ja ausschließlich für das JobCenter da zu sein, um sich eine nicht vorhandene Arbeit zu suchen.

Der Anreiz der Unternehmer

   Der Anreiz für Unternehmen, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, wird mit dem Model Sozialgesetz weiter abgebaut. Selbst in der Wirtschaft zieht das "ehrenamtliche" Engagement der Arbeitskraft, bei solchen politischen Vorgaben, immer mehr ein. So hört man von vielen Unternehmern, die man nach Arbeitsmöglichkeiten fragt: "Wenn ich Arbeit an dich abgebe, habe ich ja selbst nichts mehr zu tun", oder "Dafür gibt es ja den Staat!"

   Die Unternehmer verspüren keine große Lust, ihr Geld in einen sozialen Arbeitsmarkt zu investieren. Der Faktor Mensch ist in der automatisierten Welt nur noch den angepasstesten Arbeitskräften zugänglich. Die Politik versucht mit Inklusion zwar das soziale Gefüge der Gesellschaft aufrecht zu erhalten, versäumt dabei aber, die Kluft zwischen Arm und Reich zu mindern. Wir haben uns mit dem Reichtum der Einen und der Armut der Anderen abzufinden. Wirtschaftspolitisch werden die immer größer werdenden Übergänge zwischen Arm und Reich katastrophal vernachlässigt.

Der Hungerlohn als Koch - nur die bedingungslose Leistung zählt

   Das Überstündchen hier oder dort, natürlich unbezahlt. Die bedingungslose Arbeitsbereitschaft bei Konti-Schicht, wo soziale Freizeitgestaltung und intaktes Familienleben nicht mehr Möglich ist. Die Erreichbarkeit und die Mobilität für den Arbeitgeber. Alles das wird von Arbeitskräften abverlangt. 

   Über 50? Gesundheitliche Einschränkung? Alkoholkonsum? Das alles sind Ausschlusskriterien für die Menschen, welche ihr Dasein in Lohnabhängigkeit fristen, weil sie von Börsenspekulationen keine Ahnung haben. Diese Menschen trifft über Kurz oder Lang die Arbeitslosigkeit und im Verlauf eines Jahres Harz IV.

   Während in der Industrie noch halbwegs die Tarifautonomie ohne Mindestlohn funktioniert und Verdienstmöglichkeiten entsprechend der Leistung durch Zulagen ausgelegt sind. Kann man in anderen Wirtschaftszweigen von einem Hungerlohn sprechen. So bot z.B. ein bekannter, großer Gastronom an der Hönne einem Bewerber die Stelle als Koch an. Für einen Bruttolohn von 1.400 Euro verlangte der Unternehmer von einem Bewerber, der als fachlich ausgebildeten Jungkoch anerkannt ist, die 60 Stunden Woche. Darüber hinaus würden die üblich anfallenden Überstunden nicht gezahlt. Urlaub gäbe es 21 Tage. Krankmeldungen werden mit Kündigung geahndet. Es würde in der Gastronomie selbstverständlich im Akkord gearbeitet, Erholungspausen kommen dabei relativ kurzzeitig vor. Wenn man mal dieses ausbeuterische Arbeitsverhältnis genauer unter die Lupe nimmt. Zählt man mal die Stunden unter schwerster Arbeitsbedingung zusammen, so arbeitet der Jungkoch für einen Stundenlohn von unter 4,50 Euro! Nur noch arbeiten und nichts verdienen und dem Arbeitgeber auch noch dankbar für jede unbezahlte Überstunde sein. Das ist die tatsächliche Bilanz der Agenda 2010.

Die Dummheit des Mindestlohns

   Wer nun behauptet, das diese Unterbezahlung eines Berufseinsteigers mit dem Mindestlohn vom Tisch sei, der blendet die Tatsache aus, das die Unternehmer sich immer noch nicht in die Pflicht genommen fühlen, sich solidarisch an dem Wohl der Gesellschaft zu beteiligen. Denn auf eine offene Arbeitsstelle bewerben sich aus dem Pool an arbeitswilligen Kräften gleich hunderte Bewerber. Die Unternehmer können, aufgrund der Auswechselbarkeit des Menschen durch die Modularisierung des Arbeitsmarktes, die Messlatte der Leistungsbereitschaft immer weiter ein Stück höher legen. Für Arbeitskräfte mit Leistungsschwäche aufgrund gesundheitlicher oder familiärer Einschränkungen, sind die Zugangsvoraussetzungen für den ersten Arbeitsmarkt letztlich nicht mehr erreichbar. Sie fallen in die Riege kasernierter Sozialleistungsempfänger.

   Dieses Phänomen erklärt auch die ständig wachsende Zahl an Harz IV-Empfängern. Geschürt wird dieser ständig steigende Leistungsdruck der Unternehmer durch die Angst vor der Not, durch die Angst den Arbeitsplatz zu verlieren, durch die Angst in das gesellschaftliche Abseits gestellt zu werden, durch die Angst als Harz IV-Schmarotzer per schamlosen und dem Grundgesetz widrigem Sozialgesetz geächtet zu werden. Die Leistung der Arbeitskraft wird bis auf den letzten Tropfen ausgedrückt, um wieder einen Arbeitsplatz durch Mehreinsatz des vorhandenen Arbeitnehmers einzusparen, um die gestiegenen Lohnkosten kapitalistisch zu rechtfertigen. Soziale Gefühle sind in der Arbeitswelt schon lange nicht mehr vorhanden.

   Doch wird ein solch schamlos gieriges Verhalten der Arbeitgeber geahndet, wenn völkerrechtliche Bedenken zu den Sozialgesetzen in Deutschland, also auch in Hemer, bereits von der UNESCO geäußert werden? Werden die Rügen des Bundesverfassungsgericht von dem hiesigen Stadtrat aufgenommen, um die bestehenden Sozialgesetze wieder Verfassungskonform zu gestalten? Nein! Solche Begebenheiten werden stillschweigend unter den Tisch fallen gelassen. Es ist kein Geld für Arbeitsplätze vorhanden. Die Arbeit ist aber vorhanden. Deshalb wird das ehrenamtliche Engagement gefördert. Arbeit ja, aber bitte ohne Lohn.

   Die Macht des Kapitalismus wird besonders deutlich, wenn wir Hemer mit dem großen Königreich am anderen Ufer des Kanals vergleichen. So wie es grade in Großbritannien geschieht, wo die Wahlen zur Unabhängigkeit Schottlands von den Arbeitgebern beeinflusst wurde (Telepolis berichtet). Es ist unfassbar, das gleich ein Kündigungsschreiben in der schottischen Lohntüte beiliegt, wenn für die Spaltung des Königreiches gestimmt wird. Es wird der Erhalt des Arbeitsplatzes als demokratisches Druckmittel missbraucht. Zur Wahl steht: Arbeit haben, oder Arbeit verlieren.

   Freie Wahlen? Demokratie? Wer braucht das schon? Das Geld regiert die Welt! Die Motten fliegen immer zum Licht. Den Erhalt des Arbeitsplatzes zu missbrauchen ist auch in Deutschland latent vorhanden und zeigt die besondere Stellung der angeblichen Leistungsträger in der demokratischen Gesellschaft auf eklatante Weise. Das Recht auf einen Arbeitsplatz sollte ein Grundrecht sein!

Fazit

   Wir wissen alle, das Harz IV-Empfänger sehr wohl arbeitswillig sind und das es genügend Arbeitskraft gibt. Allerdings gehören die Harzis nicht zu dem Kreis der Bekannten, die emsig und unermüdlich für eine halb öffentliche Anlage kostenlos ihre Arbeit anbiedern. Die Hilfebedürftigkeit auf der einen Seite. Die Arbeit, paradoxer Weise vom Sozialgesetzt abgegrenzt, auf der anderen Seite. Harz IV ist ein Stigmata der Mittellosigkeit, die Gesellschaftlich geächtet wird.

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